Von Bagdad nach Stambul by Karl May

Von Bagdad nach Stambul by Karl May

Autor:Karl May [May, Karl]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783780220530
Herausgeber: Karl-May-Gesellschaft
veröffentlicht: 2022-12-31T22:00:00+00:00


In Damaskus

Diese Kuppe Es Salehiëh bietet unbestreitbar einen der herrlichsten Aussichtspunkte der Erde. Im Rücken liegen die malerischen Berge des Antilibanon, deren Mauern sich hoch gen Himmel erheben, und vor dem Blicke breitet sich die von der Natur zum Paradies geschaffene und von dem Moslem hochgepriesene Ebene von Damaskus aus. Zunächst dem Gebirge liegt El Ghuta, die meilenweite, mit Fruchtbäumen und den herrlichsten Blumen dicht besetzte Ebene, bewässert und erquickt durch acht Flüßchen und Bäche, von denen sieben Zweige des Flusses Barrada sind. Und hinter diesem Gartenringe erglänzt die Stadt, von den Arabern ›Schamm‹ genannt, wie eine Wahrheit gewordene Fata Morgana des sich nach Labung und Erquickung sehnenden Wüstenpilgers.

Hier steht der Wanderer auf einem geschichtlich hochwichtigen Boden, auf welchem auch die Sage ihre silberschimmernden Blüthen getrieben hat. Gegen Norden liegt der Dschebel Kassium, auf welchem nach der morgenländischen Erzählung einst Kaïn seinen Bruder Abel erschlug. In El Ghuta stand nach der arabischen Legende der Baum des Erkenntnisses, unter welchem die erste Sünde geschah, und in Damask selbst erhebt sich die berühmte Moschee der Ommijaden, auf deren Minareh sich Christus am Tage des Gerichtes niederlassen wird, um zu richten die Lebendigen und die Todten. So also wird die Geschichte von Damaskus wie die keiner andern Stadt vom Anfange der Erde bis zu dem Ende derselben reichen, wie der stolze und fanatische Bewohner der ›Stadt am Barrada‹ behauptet.

Allerdings ist Damaskus eine der ältesten Städte der Erde, aber die Zeit ihrer Gründung ist nicht genau zu bestimmen, da die moslemitische Geschichtsschreibung die Fäden der Tradition eher verwirrt als entwickelt hat. Die heilige Schrift erwähnt Damask zum Öfteren. Zu jener Zeit wurde es auch Aram Damasek genannt. David eroberte es und zählte es zu den glänzendsten Perlen seiner Krone. Nachher herrschten hier Assyrer, Babylonier, Perser, die Seleuciden, Römer und Araber. Als Saulus zum Paulus wurde, stand sie unter dem Zepter der Araber. »Stehe auf, und gehe in die Gasse, welche die gerade heißt, und frage in dem Hause des Judas nach einem mit Namen Saulus aus Tarsus; denn siehe, er betet!« So sprach der Herr im Gesichte zu AnaniasApostelgeschichte 9, 11. Und noch heut stehet jene Gasse. Sie geht vom Bab esch Scherki im Osten nach dem Bab el Yahya im Westen, bildet die große Verkehrsader der Stadt und wird noch immer Suk ed Dschamak, die gerade Straße, genannt.

Eine Viertelstunde von der Stadt entfernt sieht man in der Nähe des christlichen Friedhofes eine Felsenplatte an der Stelle, wo Saul von der Klarheit des Himmels umleuchtet wurde und eine Stimme ihm zurief: »Ich bin Jesus, den du verfolgest; hart wird es dir, wider den Stachel zu leckenApostelgeschichte 9, 5!«

An der Porta orientalis, einem schönen, altrömischen Thore mit drei Eingängen, steht das Haus des Ananias, durch den Paulus wieder sehend ward. Auch zeigt man neben einem vermauerten Thore das Fenster, aus welchem der Apostel in einem KorbeEben daselbst cap.9, 25 hinunter gelassen wurde.

Oft, sehr oft wurde Damaskus erobert und in Trümmer gelegt, aber immer erhob es sich wieder mit neuer Lebensfähigkeit. Am meisten litt es unter



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